Vorweg möchte ich mich herzlich für die Einladung bedanken.
Ich darf im Auftrag des Österreichischen Traumapädagogikzentrums heute den Vortrag halten und am Nachmittag einen Workshop anbieten.
Das öTPZ - österreichische Traumapädagogikzentrum ist eine Bildungseinrichtung in der Steiermark, die seit 15 Jahren Weiterbildung im Bereich der Traumapädagogik in ganz Österreich anbietet.
Ich bin seit über 10 Jahren für das ÖTPZ als Vortragende tätig und mache das mit großer Freude.
Kurz möchte ich mich vorstellen. Ich bin vom Grundberuf Sozialpädagogin und war knapp 30 Jahre im Bereich Fremdunterbringung tätig. Als junge Sozialpädagogin arbeitete ich in unterschiedlichen Wohngruppen und betreute traumatisierte Kinder und Jugendliche, die nicht mehr in ihren Familien wohnen konnten. Auch im Bereich Betreuung von Menschen mit Behinderung war ich tätig. Danach war ich im Bereich Pflegeeltern und Pflegekinder tätig. Ich war Trainerin bei Ausbildungsmodulen für Pflegeeltern und auch Begleiterin für Krisenpflegeeltern und Dauerpflegeeltern in der Steiermark
Aktuell arbeite ich für das ÖTPZ, für die Kinderschutzorganisation möwe in Wien und selbständig als Supervisorin und Kinderbeiständin.
In meinen unterschiedlichen aktuellen Arbeitsschwerpunkten fühle ich mich durch die Methoden der Traumapädagogik und durch die Beschäftigung mit der Psychotraumatologie unterstützt. Es tut sich viel in der Forschung und gerade durch die bildgebenden Untersuchungsmethoden lernen wir immer mehr über den Einfluss von traumatischen Ereignissen auf Gehirn und Körper.
Für mich persönlich war die Beschäftigung mit Trauma, Traumafolgestörungen und Bindungstheorie sehr hilfreich, um besser verstehen zu können, warum es häufig so herausfordernd sein kann, mit traumatisierten Kindern zu leben und zu arbeiten.
Bindungstraumatisierten Kindern in der eigenen Familie einen sicheren Ort anzubieten, bedeutet häufig, dass sich vieles verändert. Mit einigen Veränderungen haben Sie im Vorfeld vielleicht gerechnet, häufig müssen Pflegeeltern aber auch Abläufe und eigenes Verhalten ändern, um auf die Bedürfnisse eines schwer traumatisierten Kindes eingehen zu können.
Der Titel der Veranstaltung lautet: Sicherheit, Geborgenheit, Verständnis und Selbstfürsorge traumapädagogische Inputs für Pflegefamilien
Was ist Trauma, was heißt traumatisiert, was heißt „das triggert mich“
Um verstehen zu können, warum es oft so schwer sein kann, traumatisierten Kindern ausreichend Sicherheit und Geborgenheit vermitteln zu können , möchte ich zu Beginn den Begriff Trauma und traumatisiert näher erklären.
Häufig werden im Alltag Begriffe wie Trauma, traumatisiert, „das triggert mich“ verwendet, ohne dass den Personen bewusst ist, was es tatsächlich bedeutet, eine traumatische Erfahrung erleben zu müssen und was es bedeutet „traumatisiert“ zu sein.
Und - Nicht alles ist „Trauma“. Es ist wichtig, zu unterscheiden, welche Erfahrungen massive Belastungen sind und welche Erlebnisse „traumatische Erlebnisse“ sind.
Und dann ist es wichtig zu wissen, nicht alle die eine traumatische Erfahrung erlebt haben, entwickeln danach auch eine Traumafolgestörungen.
Kinder, die von der Kinder- und Jugendhilfe außerfamiliär untergebracht werden müssen, leiden jedoch sehr häufig unter Traumafolgen und Bindungsstörungen.
Um etwas besser verstehen zu können, wie es sich anspürt, traumatisiert zu sein und welche schlimmen Konsequenzen Traumaerlebnisse haben können, möchte ich Ihnen zu Beginn erklären, was man in der Psychotraumatologie unter „Trauma“ versteht.
Dazu möchte ich die unterschiedlichen Begriffe „Traumatisches Erlebnis“ und „Traumafolgestörungen“ näher beschreiben.
Häufig wird die Begriffe „traumatisches Erlebnis“, „potentiell traumatisierendes Erlebnis“, „Trauma“ und „Notfallsreaktion“ für die Beschreibung des gleichen Prozesses verwendet.
Ich verwende die Bezeichnungen traumatisches Erlebnis und Notfallsreaktion.
Damit beschreiben Psycholog:innen und Neuropsychiater*innen, was passiert, wenn ein plötzliches und unerwartetes Ereignis, das von außen auf einen Menschen einwirkt und das sehr gefährlich und bedrohlich ist.
Es gibt die Beschreibung, dass ein traumatisches Erlebnis eine Erfahrung von extrem bedrohlicher und entsetzlicher Natur ist , ein Ereignis wird erlebt, das extreme Hilflosigkeit und Angst auslöst. Das Ereignis ist akut und unvorhersehbar. In solchen Situationen haben Betroffene keine Kontrolle darüber, was in der akuten Situation geschieht.
Ein traumatisches Ereignis zeichnet sich dadurch aus, dass es die Verarbeitungsfähigkeit des jeweiligen Menschen übersteigt, überwältigt.
Dass also die Möglichkeit des Betroffenen, das Ereignis einzuordnen und zu verarbeiten, von der Wucht des Ereignisses übersteigt vollkommen überwältigt wird. Wenn die Verarbeitungsmöglichkeiten überwältigt werden, dann bedeutet das, dass die betroffene Person in ein Gefühl der vollkommenen Hilflosigkeit und Ohnmacht und potenziellen Lebensbedrohung gestürzt wird.
Wenn man sich diese Definition als Grundlage nimmt, dann wird deutlich, dass Trauma etwas sehr Individuelles ist, Und dass so manche traumatische Situation für den einen eine schlichtweg schreckliche und schwierige Situation für den anderen sein kann, weil unsere Bewältigungskapazitäten unterschiedlich sind und mit wahnsinnig vielen Faktoren zu tun haben.
Wenn eine Person mit einem traumatischen Erlebnis konfrontiert wird, so löst dies eine überlebensnotwendige „Notfallsreaktion“ im Körper aus. Alle Säugetiere versuchen bei großen Gefahren zu überleben, in dem sie kämpfen oder flüchten. Sind beide Überlebensreaktionen nicht erfolgreich, steigt der Stress und es kann noch erfolgreich sein, in Schockstarre zu verfallen oder sich zu unterwerfen, damit man überleben kann. Bei einem traumatischen Ereignis können Betroffene also weder flüchten, noch kämpfen. Michaela Huber prägten den Begriff, dass sich Menschen in solchen Situationen in einer „traumatischen Zange“ befinden würden.
Wenn wir nun an Kinder denken, die Gewalt, Vernachlässigung oder Missbrauch durch Bindungspersonen erleben mussten, so wird klar, dass sie die Notfallsreaktion nicht davor schützen konnte, die Gewalt zu erfahren. Notfallsreaktionen helfen ihnen, intensive Gefühle und Hilflosigkeit zu überstehen.
In unerträglichen Situationen, die unausweichlich sind, kommt es zu ganz massiven Gefühlen von Furcht, Ohnmacht und Entsetzen. Die beste Möglichkeit, diese anhaltende massive Bedrohung, der ein Kind hilflos ausgeliefert ist, irgendwie zu überstehen, ist es, dass der Körper erstarrt – er kommt ins sogenannte FREEZE.
Viele beschreiben diese Notfallsreaktion mit speziellen Abläufen im Gehirn die unser Überleben sichern sollen.
Wenn wir in Gefahr sind, schaltet unser Gehirn sozusagen in den Autopilot-Modus: Hirnareale, die für das logische Denken sowie die bewusste Verarbeitung von Reizen verantwortlich sind, werden weitestgehend ausgeschaltet. Denn: Es dauert einfach zu lange, logisch über die beste Reaktion nachzudenken oder sich die Kleidung des Angreifers einzuprägen.
Stattdessen übernimmt der älteste Teil des menschlichen Gehirns, der sogenannte Hirnstamm. Er reguliert normalerweise die lebenswichtigen Funktionen wie Atmung, Herzschlag, Nahrungsaufnahme und Darmtätigkeit. Bei Bedrohung sorgt er dafür, dass Energie und Kraft mobilisiert werden: Atmung und Herzschlag werden schneller, mehr Blut wird in die Muskeln gepumpt, alle Sinne konzentrieren sich auf die Gefahr.
Innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheidet sich im Hirnstamm, wie wir auf die Gefahr reagieren: kämpfen, flüchten, sich tot stellen oder unterwerfen.
Wichtig ist: Diese Entscheidung treffen wir nicht bewusst. Und können sie darum im Rückblick manchmal nicht erklären. Das Gehirn greift hier auf automatische Verhaltensweisen zurück, die wir tief abgespeichert haben und die möglicherweise in der Vergangenheit schon mal funktioniert haben.
Auch Zeitgefühl und Sprache funktionieren in Gefahr oft nicht mehr wie gewohnt: Viele Betroffene können im Nachhinein nicht sagen, wie lange die Gefahrenlage gedauert hat, oder wundern sich darüber, dass ihnen in der Situation die Worte gefehlt haben.
Reize werden wahrgenommen – aber wir erinnern uns später nicht daran
Weil unser Gehirn mit der Situation überfordert ist und nicht alle seine Funktionen aktiv sind, kommt es oft vor, dass das Erlebte nicht komplett im Gedächtnis gespeichert wird.
Man kann sich das so vorstellen, dass in diesem Zustand die Wahrnehmung eigener Gefühle abgespaltet werden, die Wahrnehmung der Außenwelt verändert sich. Das nennt man dissoziative Reaktionen.
Wie Korittko beschreibt: „ alle wahrnehmbaren Informationen über das Geschehen, die eigenen Emotionen, Informationen über eigene Körperreaktionen, über Gedanken zersplittern in Fragmente, sie sensorischen Wahrnehmungsfragmente fallen auseinander – wie die Splitter eines Spiegels.
Diese Fähigkeit zur Dissoziation kann man sich so vorstellen, dass man sich abschaltet, dass man sich wegbeamt. Die Notfallsreaktion ist also im Moment, wenn ein Kind traumatischen Stress durch Gewalt erlebt oder dadurch, dass es mithört oder sieht, wie der Vater die Mutter würgt und sie mit dem Tod bedroht, sehr sinnvoll.
Viele AutorInnen beschreiben diesen Prozess auch so, dass in diesen Situationen die Großhirnrinde ihrer Kapazitäten beraubt wird – dass dieser Bereich abgeschaltet werden muss, um zu überleben.
Die Notfallsreaktion passiert, ohne dass man Einfluss nehmen kann.
Diese Notfallsreaktion im Gehirn sichert das Überleben, sie kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen schreckliche Folgen haben.
Weil
Folie 8
Ob diese Erfahrung zu Traumafolgestörungen führt, also traumatisch wird, hängt davon ab, welche Vorerfahrungen das Kind hat, welche Ressourcen es vorab entwickeln konnte, welche Erfahrungen mit anderen Bindungspersonen es gemacht hat. Auch davon wie häufig das Kind Gewalt und dadurch ausgelöste Notfallsreaktionen erlebt, wie massiv die Gewalt erlebt wurde und in welchem Entwicklungsalter das Kind ist. Die Folgen für das Kind hängen zu dem stark davon ab, ob nach der Notfallsreaktion schnell Hilfe präsent und verfügbar ist.
Das heißt, welche Erfahrungen wann von wem im Sinne einer Notfallsreaktion verarbeitet werden, hängt von einigen Faktoren ab. Auch ob betroffene Personen Traumafolgestörungen entwickeln, hängt von unterschiedlichen Einflüssen ab.
Wenn Kinder sehr früh Gewalterfahrungen erleben müssen, wenn ihnen die Gewalt von Bindungspersonen, die sie eigentlich vor Gefahren schützen sollten und ihren sicheren Hafen darstellen sollen, erfahren – dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass die betroffenen Kinder Traumafolgestörungen entwickeln, sehr hoch. Auch die Gefahr, zusätzlich eine Bindungsstörung zu bekommen erhöht sich.
Unter dem Begriff Traumatyp 2 findet man Lebensereignisse genannt, die ein enorm hohes Risiko haben, dass betroffene Kinder Traumafolgestörungen entwickeln und zusätzlich entwicklungspsychologische Auswirkungen erkennbar sind.
FOLIE Traumatyp
9-12
Wie können nun Folgen von Traumatischen Erfahrungen aussehen?
Alle Situationen, die eine Notfallsreaktion auslösen, können Folgen haben.
Bei einmaligen Vorfällten, wie z.B. bei einem Unfall, bei einer Geburt, beim Verlust eines geliebten Menschen u.ä,, können wir einen Teil der Situation mit der enormen Hilflosigkeit erleben, die sich ergibt, wenn wir weder kämpfen noch flüchten können.
Diese traumatischen Ereignisse können (müssen aber nicht) z.B. traumatische Belastungsreaktionen auslösen. (akute Belastungsreaktion). Häufig berichten betroffene Menschen davon, dass sie vorerst alles vermeiden, was sie bewusst oder unbewusst an das Ereignis erinnert. Sie vermeiden darüber zu sprechen oder sie vermeiden Orte oder Menschen, die sie an das Ereignis erinnern könnte. Viele erzählen, dass sie sich nicht an alles erinnern können, sie haben Erinnerungslücken. Gleichzeitig leiden sie an Albträumen oder heftige lebendige Rückerinnerungen – wie wenn sie gerade das Erlebnis wieder erfahren würden. Dazu kommt, dass die Betroffenen Schreckhaft oder reizbar sind und sich z.B. nicht konzentrieren könnne.
Bei einer akuten Belastungsreaktion klingen diese Symptome nach vier bis 6 Wochen wieder ab.
Unter bestimmten Umständen können einzelne Notfallsreaktionen auch zu einer PTBS führen.
Erfahrungen im Bereich Traumatyp 2 – zusätzlich manmade – können zu unterschiedlichen Traumafolgeerkrankungen führen
PTBS
Uni Marburg Film:
https://www.youtube.com/watch?v=YKgaCj8WwJ4
k-PTBS
dissoziative Störungen
Ein Film zeigt vereinfacht, welche Folgen Traumatische Erfahrungen für Kinder haben können und verdeutlicht einige Bereiche, die wir beachten können.
https://www.youtube.com/watch?v=mo3aC0cpU2E
Ganz vereinfacht gesagt, leben Kinder, die Gewalt von ihren Bindungspersonen erfahren haben, nicht IM HIER und JETZT sondern im DORT und DAMALs.
Ein Reiz, der sie unbewusst an die traumatische Erfahrung erinnert, führt dazu, dass sie unbewusst wieder so handeln, wie wenn sie wieder in Gefahr wären. Sie zeigen ein Verhalten, dass für uns verwirrend und nicht einordenbar ist.
Beispiel:
Werden zu einem späteren Zeitpunkt traumatische Erinnerungen getriggert, haben Betroffene das Gefühl, als würde das traumatische Ereignis (oder zumindest ein bestimmter Aspekt davon) in der Gegenwart wieder passieren. Sie werden überflutet mit überwältigenden Gefühlen, Bildern, Geräuschen, Gerüchen, Körperempfindungen oder schalten innerlich ab/dissoziieren.
Kind wurde in den dunklen Vorraum gesperrt, wenn es aus Sicht der Mutter schlimm gewesen sei. Aufgrund der psychischen Erkrankung der Mutter, kam es immer wieder dazu, dass die Mutter sich dann in ihr Schlafzimmer zurückgezogen hatte. Sie nahm das Schreien, Klopfen und Wimmern des Kindes nicht mehr wahr. Das Kind versuchte zu Kämpfen, indem es vorerst laut gegen die Türe hämmerte und schrie. Die Angst und Panik des Kindes steigerte sich und die Notfallsreaktion setzte ein. Das Kind erstarrte und dissozierte. Nach einer Zeit nahm es wahr, dass seine Mutter nun wieder in der Nähe war und im Nebenraum kochte. Wie im Dämmerzustand verharrte das Kind und beruhigte sich selbst, indem es seinen Oberkörper hin- und herwippte. Die Mutter sah die versperrte Türe und merkte, dass das Kind still war. Aus ihrer Sicht war das Kind nun wieder brav, sie sperrte die Türe auf und sagt zu ihrem Kind: „siehst du, wenn man schlimm ist, dann passiert das mit einem.“ Sie dreht sich um und widmet sich wieder dem Kochen.
Wenn ein Kind mit dieser Erfahrung bei Ihnen zu Hause einen Schlüssel am Schloss der Haustüre stecken sieht, kann dies ausreichen, um wieder an das Trauma erinnert zu werden. Obwohl es bei Ihnen sicher ist und die Türe unversperrt ist, reagiert es, wie wenn es wieder im dunklen Raum eingesperrt wäre. Es schreit und schlägt gegen die Türe.  Es könnte auch sein, dass das Geräusch vom Schließen der Türe ein Trigger-Reiz ist. Oder Dunkelheit oder wenn Sie ein Wort verwenden, dass die Mutter immer kurz bevor sie die Türe versperrt hat, ausgesprochen hat.
Bei Bindungstraumatisierungen – also wenn eine Bindungsperson einem Kind massiv Gewalt zugefügt hat – können auch Bindungsangebote an das Trauma erinnern. Zum Beispiel reagierte ein kleiner 2 – jähriger Bub sehr heftig, wenn die Pflegemutter nur das Zimmer betrat und ihn ansprach. Er versteckte sich unter dem Tisch und schrie, wimmerte und war voller Panik. Die Pflegemutter löste diese Reaktion aus, weil das Kind durch verschiedene Frauen massive Gewalt erfahren hatte. Die Mutter des Kindes litt unter Traumafolgestörungen, psychotischen Schüben und es war auch eine Persönlichkeitsstörung vermutet worden. Das Kind löste bei ihr unbewusste Erinnerungen an ihre traumatischen Erfahrungen aus, dann schlug sie das Kind und schrie es an. Manchmal sperrte sie das Kind aus und ließ es in der Kälte draußen im Garten. Sie lebten zusammen mit der Großmutter, die nichts unternahm, um ihr Enkelkind zu schützen. Manchmal stritten Mutter und Großmutter so heftig, dass Nachbar die Polizei riefen. Nachdem die aufsuchende sozialpädagogische Arbeit keine Verbesserung brachte und sich die Fachkräfte große Sorgen um das Wohl des Kindes machten, wurde das Kind bei einer Krisenpflegemutter untergebracht. Aufgrund der damals beobachteten Wahnvorstellungen der Mutter und aufgrund der Androhung, sie würde sich und das Kind umbringen, falls ihr das Kind weggenommen würde, waren bei der Abnahme des Kindes die Rettung, Polizistinnen und Sozialarbeiterinnen vor Ort. Auch hier wieder eine sehr dramatische Situation. Das Kind wurde von einer Sozialarbeiterin ins Auto getragen, während die Mutter von der Rettung ins Krankenhaus gebracht wurde.
Leider machte der Bub auch in der Krisenpflegefamilie weitere negative Erfahrungen mit Frauen.Es war der Krisenpflegemutter aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich, dem Kind liebevoll und geduldig zu begegnen. Das Kind konnte noch nicht sprechen und zeigte auch wenig Sprachverständnis. Es trat und schubste die anderen Kinder, oft hielt es sich die Ohren zu und schrie. Wenn es anderen Kindern weh tat, wurde es in sein Zimmer gebracht. Die Türe war zwar offen, aber ein Laufgitter machte es für das Kind unmöglich das Zimmer zu verlassen.
Es war also sehr verständlich, dass das Kind Frauen fürchtete und mit Panik reagierte, wenn die Pflegemutter, bei der er nach 6 Monaten Aufenthalt bei den Krisenpflegeeltern eingezogen war, ihm zu nahe kam.
Aufgrund des Wissens was die traumatischen Erfahrungen beim Kind ausgelöst hatten und auch wenn wir wissen, er lehnt nicht mich ab, sondern ich erinnere ihn an eine sehr gefährliche Situation – dann können wir das Verhalten des Kindes verstehen und stehen dann vor der Herausforderung, damit umzugehen, welche Gefühle die Reaktion des Kindes – auch wenn wir verstehen, dass es sehr gute Gründe für das verhalten hat – bei uns möglicherweise auslösen.
Was braucht Matteo, um lernen zu können, dass er in Sicherheit ist?
Was braucht Matteo, um die Angebote von Geborgenheit nutzen zu können?
Was brauchen Pflegeeltern, um für Beruhigung zu sorgen?
Was braucht Matteo, um lernen zu können, dass er in Sicherheit ist?
(1) Konzept des Guten Grundes
(2) Einen ausreichend sicheren Ort
(3) Bindungsangebote – elterliche Feinfühligkeit
(4) Angebote zur Stabilisierung
(5) Pflegeeltern, die ihren eigenen Stress gut regulieren können – durch Selbstfürsorge, Partner*innen, Familie, Fachwissen, Supervision und Intervision, ausreichend Zeit für Entspannung
(1) Konzept des Guten Grundes:
Bedeutet Verhalten von traumatisierten Kindern verstehen können. Verstehen können heißt nicht, ein Verhalten zu akzeptieren.
Korittko spricht von drei Möglichkeiten, bizarres, anstrengendes, besorgniserregendes Verhalten von traumatisierten Kindern verstehen zu können.
Angst, Schulverweigerung, aggressive Ausbrüche, Selbstverletzungen, Ess-Störungen, fehlende Motivation für die Bewältigung von alltäglichen Aufgaben, Schlafstörungen, Ausbildungsabbrüche, Sucht – das sind nur einige Verhaltensweisen, die im Kontext von Traumaerfahrungen Sinn ergeben können und damit für uns nachvollziehbarer werden.
a) Das heute gezeigte Verhalten hatte früher Sinn und diente dem Überleben. Heute erscheint es uns sinnlos, bizarr und verhindert in einigen Bereichen die Entwicklung des Kindes und es hat negative Folgen für das Kind oder für seine Umwelt. Aus dieser Perspektive können wir diese Verhaltensweisen als Wiederholgung des Verhaltens verstehen, dass während der traumatischen Erlebnisse das Überleben sicherte.
b) Das heutige Verhalten repräsentiert Handlungen, die früher nicht möglich waren. Ein kleines Kind ist ohnmächtig dem prügelnden Elternteil ausgeliefert und es war nicht in der Lage zu kämpfen. Heute kann die Jugendliche kämpfen oder weglaufen und das schon bei geringem Anstieg von Stress.  Alan Schore ging schon 2007 davon aus, dass bindungstraumatisierte Kinder eine Cortisol Überproduktion entwickeln, die zu Störungen in der Stress-Regulation führen können. Wie Korittko es ausdrückt: Der Kampf-Vulkan oder der Flucht-Vulkan bricht schneller und häufiger aus. Hantke und Görges formulieren es so, dass der Ressourcenbereich der betroffenen Menschen kleiner ist.
c) Das heutige Verhalten dient der Traumakompensation. Um Bindungstraumatisierungen zu überleben brauchen Kinder Strategien zur Verdrändung, Ablenkung, rigider Kontrolle, Abspaltung vom Bewusstsein, Formen der Betäubung. Wenn also Trigger-Reize  (Reize die unbewusst an das Trauma erinnern) plötzlich hochbedrohliche Flashbacks auftauchen. (Die Mechanismen eines Flashbacks werden in der Psychologie so beschrieben: Negative Erinnerungen an ein traumatisches Erlebnis “nisten” sich im Unterbewusstsein ein und werden durch einen Auslöser (Trigger) abgerufen — sozusagen wiedererlebt. Dies kann völlig unvermittelt und scheinbar ohne Zusammenhang oder Kontext geschehen. Manchmal genügen sogar unbewusst wahrgenommene Gerüche oder Geräusche (Schlüsselreize) für einen Trigger. So kann ein Flashback auch einfach im Alltag und ohne offensichtliche Vorwarnung auftreten.
Ähnlich wie bei einer posttraumatischer Belastungsstörung gelangen die negativen Erinnerungen bei einem Flashback unfreiwillig ins Bewusstsein. Das Gedächtnis ruft die negativen Emotionen und Gefühle des Traumas ab (etwa Trauer, Wut oder Angst) und sorgt dafür, dass diese wie ein Echo widerhallen, obwohl sich der betroffene Mensch (von außen betrachtet) mittlerweile in einer ganz anderen Situation befindet. Er erinnert die Auswirkungen traumatischer Erfahrungen und erlebt diese erneut) Das heißt das Verhalten hat die Funktion, alles zu tun, um nicht wieder diese schlimmen Gefühle, diese Zustände erleben zu müssen.
https://www.youtube.com/watch?v=F5CrmanerlY
Filmtext:
For people who struggle with symptoms of PTSD, one of the hardest things can be dealing with the memories of what they have been through. These memories might seem to come out of nowhere or can be triggered by certain smells, sounds, places, people or other things. They can be so vivid that they make you forget where you are and feel like you are back at the time when the bad things happened. If you are experiencing these types of memories, it is important to know that it is a normal reaction to what you´ve been through. It doesn´t mean you´re weak or broken or crazy. It means that you are human. But these memories can be really hard to cope with. They can be scary and painful. You might spend a lot of energy trying to avoid having them. When memories are very upsetting, it is normal to want to avoid them. But we know that for trauma, avoidance doesn´t work. There are lots of ways that people might try to avoid having these memories, like distracting themselves, maybe even with drugs or alcohol or avoiding certain things, people or places. These things might make you feel better in the short term, but they don´t help in the long term.
The harder you try to push trauma memories away, the more they can come back, and the worse they can get.
So what can you do? There are things you can do to help cope with these memories. Trauma memories are scary, but they do pass like a train coming into the station and leaving again. It can help to remind yourself of this. It might help to have things to carry with you that you can use when a memory might be coming. You might carry an object or even something to smell that when you see or smell, can help bring you back to the here and now, remind you that your traumas are in the past and that you are safe. There are other things you can do to help with all aspects of your mental health. Try to get a good night's sleep.
If you can go to sleep and wake up around the same time each day.
Also exercise or get outside. Keep connected to the people you care about and who care about you. And be kind to yourself. No matter how small it might be, think about what it is in life that you like and make time to do more of that. Making time to do more of what you like can be an important step in overcoming trauma. Sometimes, even when we try to do all of these things our memories might be too hard for us to cope with. If you´re finding things very difficult, ask for help. Asking for help when you are struggling is not a sign of weakness. It is brave.
Reach out to a safe adult or your GP or there are free websites and helplines for advice. Help is available. You are not alone.
Für Menschen, die mit Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung zu kämpfen haben, kann es besonders schwer sein, mit den Erinnerungen an das Erlebte umzugehen. Diese Erinnerungen können scheinbar aus dem Nichts auftauchen oder durch bestimmte Gerüche, Geräusche, Orte, Menschen oder andere Dinge ausgelöst werden. Sie können so lebhaft sein, dass man vergisst, wo man sich gerade befindet, und sich fühlt, als wäre man wieder in der Zeit, in der das Schlimme passiert ist. Wenn Sie solche Erinnerungen haben, ist es wichtig zu wissen, dass dies eine normale Reaktion auf das ist, was Sie erlebt haben. Es bedeutet nicht, dass Sie schwach, gebrochen oder verrückt sind. Es bedeutet, dass Sie ein Mensch sind. Aber diese Erinnerungen können sehr schwer zu bewältigen sein. Sie können beängstigend und schmerzhaft sein. Möglicherweise wenden Sie viel Energie auf, um sie zu vermeiden. Wenn Erinnerungen sehr beunruhigend sind, ist es normal, dass man sie vermeiden möchte. Aber wir wissen, dass Vermeidung bei Traumata nicht funktioniert. Es gibt viele Möglichkeiten, wie Menschen versuchen können, diese Erinnerungen zu vermeiden, z. B. sich abzulenken, vielleicht sogar mit Drogen oder Alkohol, oder bestimmte Dinge, Menschen oder Orte zu meiden. Diese Dinge mögen Ihnen kurzfristig helfen, sich besser zu fühlen, aber langfristig helfen sie nicht.
Je mehr Sie versuchen, Traumata-Erinnerungen zu verdrängen, desto stärker können sie zurückkommen und desto schlimmer können sie werden.
Was können Sie also tun? Es gibt Dinge, die Sie tun können, um mit diesen Erinnerungen umzugehen. Traumata-Erinnerungen sind beängstigend, aber sie vergehen wie ein Zug, der in den Bahnhof einfährt und wieder abfährt. Es kann helfen, sich daran zu erinnern. Es kann hilfreich sein, Dinge bei sich zu haben, die Sie verwenden können, wenn eine Erinnerung hochkommt. Sie könnten einen Gegenstand oder sogar etwas zum Riechen mit sich führen, das Ihnen, wenn Sie es sehen oder riechen, hilft, in die Gegenwart zurückzukehren, und Sie daran erinnert, dass Ihre Traumata der Vergangenheit angehören und Sie in Sicherheit sind. Es gibt noch andere Dinge, die Sie tun können, um Ihre psychische Gesundheit in allen Bereichen zu unterstützen. Versuchen Sie, gut zu schlafen.
Versuchen Sie, jeden Tag etwa zur gleichen Zeit schlafen zu gehen und aufzustehen.
Treiben Sie Sport oder gehen Sie nach draußen. Halten Sie Kontakt zu den Menschen, die Ihnen wichtig sind und denen Sie wichtig sind. Und seien Sie freundlich zu sich selbst. Egal wie klein es auch sein mag, denken Sie darüber nach, was Ihnen im Leben gefällt, und nehmen Sie sich Zeit, mehr davon zu tun. Sich Zeit zu nehmen, um mehr von dem zu tun, was Ihnen gefällt, kann ein wichtiger Schritt zur Überwindung eines Traumas sein. Manchmal kann es sein, dass unsere Erinnerungen zu schwer zu bewältigen sind, selbst wenn wir all diese Dinge versuchen. Wenn Sie es sehr schwer finden, bitten Sie um Hilfe. Um Hilfe zu bitten, wenn Sie Probleme haben, ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist mutig.
Wenden Sie sich an einen vertrauenswürdigen Erwachsenen oder Ihren Hausarzt, oder nutzen Sie kostenlose Websites und Hotlines, um Rat zu erhalten. Hilfe ist verfügbar. Sie sind nicht allein.
2 / Einen ausreichend sicheren Ort
Ausreichend äußere sichere Orte:
Sind kontrollierbar
Sind vorhersehbar
Liebevoll
Basale Versorgung ohne wenn und aber
Gewaltfrei
Übergänge und Veränderugnen werden besonders achtsam begleitet.
Personen, die Sicherheit vermitteln
Umgebung die Sicherheit vermittelt
Rahmenbedingungen, die Sicherheit vermitteln.
3 / Bindungsangebote – elterliche Feinfühligkeit
4 Stabilisierung als Aufgabe:
Wir müssen nicht wissen, was genau die Kinder erlebt haben – Wissen ist hilfreich, um Verhalten verstehen zu können, aber Kinder müssen nicht erzählen, was sie erlebt haben. Sie haben gute Gründe, dass sie noch nicht darüber sprechen können.
Wir fragen nicht im Detail nach früheren potentiell schwer traumatisierenden Situationen.
BiografieArbeit erst, wenn es Kind möglich ist, das Bindungsangebot anzunehmen und das kann dauern.
Wir akzeptieren, wenn Kinder nicht über erlebtes sprechen.
Wir versuchen alles zu tun, um sie von Loyalitätskonfliketne zu entlasten, wir müssen aushalten, wenn sie Täter und Täterinnen verteidigen (ächte die Tat – achte den Täter)
Alles große Herausforderungen, die viel abverlangen und für die es viel Kraft, Fachwissen und Unterstützung braucht.
Eventuell Film Flug – Maske
Selbstfürsorge

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